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Annelise Reichmann

Meisterin des Holzschnitts und des Aquarells

Gerne ließ sich die Malerin Anneliese Reichmann in ihrem nahezu paradiesischen Binger Garten fotografieren. Hier ein Foto von Rudolf Engelhardt aus dem Jahre 1972. (Bild: Stadtarchiv Bingen)
Über dem Rhein thront die Binger Rochuskapelle - einer der meisterhaften farbkräftigen Schnitte von Annelise Reichmann aus dem Jahr 1976. (Bild: Stadtarchiv Bingen)

Malerin und Grafikerin, geboren 1902 in Lothringen, gestorben 2000

„Ihr Werk ist getragen von einer tiefen religiösen Überzeugung und entsteht aus dem engen Verhältnis zur Natur und seiner ernsthaften, aber heiteren Menschlichkeit“, mit diesen Worten würdigte der Galerist Claus K. Netuschil 1992 das Werk der damals 90jährigen Künstlerin Annelise Reichmann im Darmstädter Echo und traf damit den Ausdruck der Arbeiten der gebürtigen Lothringerin auf den Punkt. Annelise Reichmann studierte ab 1919 Kunstgeschichte in Darmstadt und nahm parallel Zeichen- und Malunterricht bei Albert Hartmann an der Technischen Hochschule Darmstadt. Dabei entdeckte sie den Holzschnitt als „ihr“ künstlerisches Ausdrucksmittel. Ihre Arbeiten (nach 1945 kam zum Holzschnitt noch das Aquarell hinzu) zeugen nicht nur von einer souveränen Technik, sie sind auch stark von dem in den 1920er Jahren aktuellen Expressionismus beeinflusst. Das Kunst-nahe Darmstadt war ihre Wahlheimat, in Wiesbaden lehrte sie ab 1948 für 20 Jahre an der Werkkunstschule Wiesbaden, doch lebte sie ab 1961 in Bingen, mit dem sie starke familiäre Wurzeln verbanden. Nicht nur, dass der Büdesheimer Bürgermeister und Großonkel des berühmten Dichters Stefan George, Etienne George, ihr Ururgroßvater war, ihre Mutter stammte auch von dem großen Weingut Kommerzienrat Espenschied ab. Fast 40 Jahre lebte sie in Bingen, schuf hier die für sie typischen ausdrucksstarken Holzschnitte, stellte aus, engagierte sich als gläubige Katholikin für den Erhalt der Rochuskapelle und gestaltete zahlreiche Plakate für die Pfarrei St. Martin. Fast 100 Jahre alt konnte die Künstlerin auf ein umfangreiches Werk, u. a. auch auf von ihr gestaltete Kirchenfenster in der Darmstädter Marienkirche, zurückblicken. Selbst den Ruinen des zerstörten Darmstadts konnte sie mit ihrer Kunst neues Leben einhauchen. Selbstbewusst kommentierte sie dieses Phänomen mit den Worten: „Schöne Bauten sterben schön.“

Nachweise

Verfasserin: Hilke Wiegers, M.A., der Text  stammt aus der Broschüre "Außerordentliche Binger Frauen", verfasst und konzipiert von Frau Wiegers im Auftrag der Stadt Bingen.

Redaktionelle Bearbeitung: Ruth Faßbender

Links: Stadt Bingen , Stadtarchiv Bingen