Mainz war 2011 Stadt der Wissenschaft. In diesem Zusammenhang initiierte das IGL in Kooperation mit dem Institut fĂŒr Mediengestaltung der FH Mainz das Projekt âDas Mainzer Kaufhaus am Brand â 3D-Visualisierung eines mittelalterlichen GebĂ€udesâ. Am 14. Mai 2011 wurde eine Basisversion der 3D-Visualisierung der Ăffentlichkeit vorgestellt. Seit 13. September 2011 lĂ€uft eine ĂŒberarbeitete Version in der Dauerausstellung des Mainzer Landesmuseums.
Das Kaufhaus-Projekt wird ĂŒber das Jahr 2011 hinaus weitergefĂŒhrt. Dazu dient die Vortragsreihe âMittelalterliche KaufhĂ€user im europĂ€ischen Vergleichâ. Neben dem Schwerpunktthema âMainzer Kaufhausâ berichten verschiedene, renommierte Referenten ĂŒber historische KaufhĂ€user in verschiedenen europĂ€ischen Regionen.
Die Vortragsreihe wird von einem Konzert beschlossen. Erstmals kommt das international bekannte Mittelalter-Ensemble âCapella Antiqua Bambergensisâ nach Mainz. CAB ist das fĂŒhrende Ensemble in Deutschland in Sachen mittelalterliche Musik (siehe www.capella-antiqua.de/). CAB interpretiert mittelalterliche weltliche und kirchliche Musik, wobei nachgebaute mittelalterliche Musikinstrumente zum Einsatz kommen. Die Zuhörer bekommen auf diese Weise einen authentischen Eindruck von mittelalterlicher Musik. Mit dabei sind die Harfenistin und Sopranistin Arianna Savall, die zu den bekanntesten europĂ€ischen Musikerinnen der Alte-Musik-Szene gehört, sowie der renommierte Tenor Petter Udland Johansen aus Norwegen.
Folgende Referenten und Themen sind vorgesehen:
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts stand das Goldene Mainz in gröĂter BlĂŒte: Die Zahl der Einwohner war so hoch wie nie zuvor, die Bebauung erreichte ihre gröĂte Dichte. In Konkurrenz zu dem von der Geistlichkeit dominierten Dombereich hatte sich im Brandgebiet ein kommunales Zentrum mit BĂŒrgerspital Heilig Geist, Rathaus und nicht zuletzt dem prĂ€chtigen Kaufhaus etabliert. Doch die unglĂŒckliche Verwicklung in den Krieg um den Erzbischofsstuhl Ende der 1320er Jahre, der Aufstand der ZĂŒnfte, die auf politische Mitverantwortung gegenĂŒber den alteingesessenen, bislang allein regierenden patrizischen Geschlechter pochten, sowie das WĂŒten der Pest 1349 beendete diese friedliche und prosperiende Phase. Der Vortrag zeichnet die Entwicklung nach und beleuchtet HintergrĂŒnde und treibende KrĂ€fte.
Das mittelalterliche âKaufhausâ, wie es uns Anfang des 14. Jahrhunderts mit Mainz als einem frĂŒhen Beispiel entgegentritt, war mehr und zugleich weniger als ein Warenhaus im heutigen Sinne. Es steht als Oberbegriff fĂŒr ganz verschiedene Einrichtungen, deren gemeinsame Aufgabe es war, den Handelsaustausch zu befördern. In ihm steckt etwas von einem Lagerhaus, einem Kontor oder einem Markt, aber auch von einer Zollstelle, einem Gasthof oder einem Konsulat.
Eine Einrichtung fĂŒr fremde Kaufleute, die alle diese Funktionen in sich vereinigen konnte, war der âFondacoâ, der seit dem 11. Jahrhundert fĂŒr die wirtschaftliche Verbundenheit der Mittelmeerwelt steht. Mit der islamischen Expansion hatte sich der aus der griechischen Antike bekannte Herbergstyp des âPandocheionâ in gewandelter Form in muslimischen HafenstĂ€dten von PalĂ€stina ĂŒber Sizilien und SĂŒditalien bis Katalonien unter dem abgeleiteten Namen funduq verbreitet. Seit den KreuzzĂŒgen lernten westliche FernhĂ€ndler und Pilger diese Einrichtung vermehrt kennen oder man fand sie in den wiedereroberten italienischen und spanischen Territorien vor; unter der lateinischen Bezeichnung fundicum fĂŒr spezielle Herkunftsgruppen eingerichtet, hatte sie allerdings inzwischen ihre karitativ Funktion zugunsten kommerzieller Interessen verloren. Ein prominentes Beispiel fĂŒr das Aufgreifen dieser Idee stellt der Anfang des 13. Jahrhunderts von der Republik Venedig zur besseren Kontrolle und Abschöpfung des Handels eingerichtete âFondaco dei Tedeschiâ dar. Das Haus der Deutschen war eine Stadt in der Stadt mit Konsuln, Handelshof, Notariat, Kapelle, Brunnen, Ofen, Schenke, Mensa, WerkstĂ€tten und einer Vielzahl an Bediensteten. WĂ€hrend man am Rialto die deutschen Kaufleute auch noch nach dem Mittelalter zwang, dort mitsamt ihren Waren abzusteigen, wandelten sich fondaci in anderen StĂ€dten des europĂ€ischen Mittelmeerraums, wo Christen unter Christen waren, zu kommunal oder privat betriebenen WarenhĂ€usern und Stapeln, die dann in verĂ€nderter Gestalt auch âLoggiaâ genannt wurden.
Die VortrĂ€ge beginnen jeweils um 18.00 Uhr und finden im Mainzer Landesmuseum, GroĂe Bleiche 49-51, statt.
Der Eintritt ist frei.