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Zeitreise mit dem Zeitgeist-Ensemble - „Ingelheim“ als interessante, informative Theateraufführung

Foto: Nicole Weisheit-Zenz

Am 5. Mai 2019 hat das Zeitgeist-Ensemble eine historische Revue über die 2000-jährige Geschichte Ingelheims zur Eröffnung des Kultursommers Rheinland-Pfalz 2019 dargeboten. Sie haben die Veranstaltung verpasst? Nicole Weisheit-Zenz hat einen Bericht über die Ingelheim-Revue geschrieben:


Ingelheim. Wie machten Menschen hier Geschichte und wie prägte die Historie im Laufe der Jahrtausende das Leben vieler Bewohner, im heutigen Ingelheim und in der Umgebung? Unterhaltsam und kenntnisreich zeigt dies die neue „Zeitgeist“-Revue.

Rotwein, Karl und Cosmographia: Der Untertitel der neuen „Ingelheim-Revue“ unterstreicht die Besonderheiten der Stadt. Doch der Lauf der wechselvollen Entwicklung Ingelheims hat noch viel mehr Geschichte und Geschichten zu bieten: von den Anfängen der Besiedlung und die Zeit der Römer, über Karl den Großen, Frühe Neuzeit, das 19. und 20. Jahrhundert, bis zur Gegenwart. In einer Zeitreise soll all dies vorgestellt werden: informativ und interessant, auf ansprechende und amüsante Weise, bei abendfüllenden Aufführungen auf der Bühne.

Für das ambitionierte Theatervorhaben konnte „Zeitgeist“ gewonnen werden, ein renommiertes Ensemble an den Mainzer Kammerspielen. Die „Ingelheim-Revue“ ist eine Kooperation des Instituts für Geschichtliche Landeskunde (IGL) an der Universität Mainz mit der Stadt Ingelheim und dem örtlichen Weiterbildungszentrum. Zur Eröffnung des Kultursommers 2019 konnte dort bereits die Kurzfassung präsentiert werden, die beim Publikum auf große Resonanz traf. In den kommenden Wochen ist die ausführliche Fassung in Vorbereitung. Als Autorin und Regisseurin ist Claudia Wehner mit dem Projekt betraut, geplant sind erste Termine im Herbst.

Die Aufführungen sollen dann zusammenfallen mit der Veröffentlichung eines neuen Buches über mehr als 2000 Jahre Ingelheimer Stadtgeschichte, das dann im Nünnerich-Asmus Verlag erscheinen soll. Im Stil einer ereignisreichen Entdeckungstour durch die Jahrhunderte bietet der umfassende Band mit zahlreichen Bildern fundiertes Wissen zum Nachlesen, berichtet Hans Berkessel als einer der Herausgeber. Von Fachleuten verfasst, richtet sich das Werk an eine breite Leserschaft. Auch für die neue „Ingelheim Revue“, die ein buntgemischtes Publikum ansprechen möchte, lieferten der Historiker und seine Kollegen die wissenschaftliche Basis.

Textfassung und Arrangement für die Bühne arbeiten mit mehreren Bildern, die chronologisch präsentiert werden. In wechselnde Rollen und Gewänder schlüpft dabei das Ensemble: Silke Vorrath, Dennis Johnson und Achim Stellwagen. Bewusst sparsam gehalten wird die Kulisse. Multifunktional sind die Requisiten, insbesondere markante Stühle, die variiert werden und auch symbolische Bedeutung haben: mal als Aquädukt, mal als Sitzreihen in der Eisenbahn.

Doch zunächst wird gezeigt, wie die Besiedlung des Landstrichs, der geschätzt wurde wegen des milden Klimas und der Lage am Rhein, in vorgeschichtlicher Zeit ihren Anfang nahm, vor über 50.000 Jahren. Später wurde die Gegend lange Zeit von den Kelten besiedelten, gefolgt von den Römern, die Errungenschaften mediterraner Hochkultur mitbrachten - doch auch viel Militär, vor allen im nahegelegenen Mogontiacum, also Mainz. Mit reichlich Speis und Trank mussten sie versorgt werden und schätzten wohl auch schon den Wein. Passend dazu erklingt das Lied vom „Chiantiwein“, im Text angepasst als gesungene Liebeserklärung an die Stadt: „Ja, ja, der rote Wein, der kommt aus Ingelheim, er soll der Beste sein, der gute rote Wein.“

Auch andere historische Epochen werden musikalisch begleitet in den Blick genommen, die Zeit der Franken etwa, das Mittelalter und die Ära Karls des Großen. Romantische Geschichten ranken sich um seine Kaiserpfalz und spätere Gemahlin Frastrada. Viel Gefühl, verbunden mit Augenzwinkern, legen die Darsteller in die „Liebeserklärung“ im Stile bekannter Filmzitate. Für Schmunzeln sorgt der Ritt auf Steckenpferden, für Staunen die Aufzählung des täglichen Bedarfs bei Hofe: 1000 Schweine und Schafe, 1000 Malter Getreide, 1000 Liter Wein…

Neben Fakten werden auch Formulierungen aus Originaltexten in das Stück mit eingewebt. So wird verständlich, welch bedeutsame Persönlichkeit Sebastian Münster war, der in Ingelheim an seiner „Cosmographia“ gearbeitet hatte, seinerzeit eines der meistgelesenen Bücher. Gelebt hatte der Theologe und Geograph an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Er revolutionierte die Landeskunde, indem er neben gelehrter Auslegung von Schriften auf Beobachtung setzte.

Weitere Stationen der gedanklichen Reise widmen sich der Zeit der Franzosen und später der Industrialisierung und Bedeutung von Boehringer. Vorgesehen sind Szenen zu amerikanischen Zeiten, Wiederaufbau, Wirtschaftswunder oder „Hippiespaß“. Was die Zukunft bringen mag? „Que Sera“, wie es im Abschlusslied heißt, auf das nach der Kurzfassung stürmischer Beifall folgte, als Anerkennung und Ansporn - denn „Zeitgeist“ weckte schon Appetit auf die Revue.

29.05.2019 | Zurück zum Überblick