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Geschichtliche Landeskunde - Band 50

Landesgeschichte und historische Demographie

Mainzer Kolloquium 1997. Hrsg. von Michael Matheus und Walter G. Rödel.Stuttgart 2000. 194 Seiten, geb. € 39,- (Sonderpreis für Mitglieder: € 3,-/Sonderpreis für Nicht-Mitglieder: € 5,-).

Die Studie, welche die Beiträge eines internationalen Kolloquiums enthält, setzt landeskundliche Aspekte mit Forschungsmethoden und -ergebnissen der Historischen Demographie, einer der jüngeren Sparten der Geschichtswissenschaft, in Beziehung.

Die Historische Demographie beschäftigt sich mit der Bevölkerung der vorstatistischen Zeit, d.h. vor dem 19. Jahrhundert, und vermag aufgrund ihrer mikroregionalen und regionalgeschichtlichen Ausrichtung einen wesentlichen Beitrag zur Landesgeschichte zu leisten. Die Studie umfasst verschiedene Themenkomplexe: einen regionalen Forschungsüberblick Rheinland-Pfalz, die aktuelle Situation in den europäischen Nachbarländern und in Nachbardisziplinen sowie die neuen Medien.

Einführung

Das Institut für Geschichtliche Landeskunde – zuständig für dieLandesgeschichte im Raum des Bundeslandes Rheinland-Pfalz –veranstaltet in Verbindung mit dem Arbeitskreis "HistorischeDemographie" am Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-UniversitätMainz ein Kolloquium, das landeskundliche Aspekte mitForschungsmethoden und -ergebnissen der Historischen Demographie, einerder jüngsten Sparten der Geschichtswissenschaft, in Beziehung setzenwill.

Die Historische Demographie beschäftigt sich im Gegensatzzur anonym-zensusorientierten Modernen Demographie mit der Bevölkerungvor der Einführung der amtlichen Statistik im 19. Jahrhundert. Siewertet Angaben zu Einzelpersonen aus und verdichtet diese zu einem Netzvon Informationen, auf dessen Basis die unterschiedlichsten Fragendemographischer, sozial-, medizingeschichtlicher usw. Art behandeltwerden können. So versteht sich die Historische Demographie als"Grundlagenforschung für die Wissenschaften von den Menschen überhaupt"(Imhof). Aufgrund ihrer mikroregionalen und regionalgeschichtlichenAusrichtung vermag sie einen wesentlichen Beitrag zur Landesgeschichtezu leisten.

Die Tagung widmet sich drei Themenkomplexen.Einerseits wird ein Überblick über die in den letzten beidenJahrzehnten für den Bereich Rheinland-Pfalz durchgeführtenForschungs-arbeiten geboten. Sie wurden meist im Rahmen desArbeitskreises "Historische Demographie" durchgeführt und konzentrierensich auf die kurfürstliche Residenz-, Universitäts- und FestungsstadtMainz sowie deren Umland; es sind aber auch Untersuchungen zu denStädten Trier, Koblenz, Bingen, Alzey, Oppenheim, Worms und Landausowie zum Hunsrücker und Neuwieder Raum zu nennen.

Ein zweiterBlock von Vorträgen des Kolloquiums ist der aktuellenForschungssituation in den europäischen Nachbarländern gewidmet. FürSchweden, England, Frankreich und die Schweiz werden führende Vertreterüber Stand und Akzentualisierung der historisch-demographischenForschung in ihrem Heimatland berichten.Mit der Einbettung derHistorischen Demographie in die benachbarten Forschungsbereiche werdenin einem dritten Bezugsrahmen Fragen interdisziplinärer Art behandelt.Es geht dabei vor allem – gerade in einem tpyischen Auswanderungslandwie Rheinland-Pfalz – um die moderne Migrationsforschung, deren überausaktuellen Bezüge vor dem Hintergrund der historisch-demographischenGegebenheiten zu behandeln sind sowie um die neuesten Ergebnisse derFamilienforschung. Landesgeschichte und Historische Demographie nutzendie Möglichkeiten der neuen Medien. An konkreten Beispielen (Verbindungvon CD-ROM und Internet, landesgeschichtliche Datenbank BERNHIST)werden diese Möglichkeiten demonstriert.

Für den öffentlichenEinführungsvortrag im Haus am Dom in Mainz konnte Prof. Dr. Arthur E.Imhof (FU Berlin), einer der weltweit bekanntesten und profiliertestenForscher gewonnen werden. Gerade Imhof hat immer wieder die Ergebnissehistorisch-demographischer Forschung in den Zusammenhang mit aktuellennationalen und internationalen demographischen Entwicklungen gestellt.Welchen Beitrag können Historiker-Demographen angesichts der brennendenProbleme der Dritten Welt und der drohenden Bevölkerungsexplosion(demnächst werden gleichzeitig so viele Menschen leben, wie es seitEntstehung der Menschheit überhaupt gegeben hat!) leisten? WelcheKonsequenzen ergeben sich aus der Zunahme der Lebenserwartung heute?

Elmar Rettinger

Aus dem Inhalt:

W. G. RÖDEL: Die Bevölkerung der Residenz- und Festungsstadt Mainz im 17. und 18. Jahrhundert.

E. RETTINGER: Im Schatten der Festung. Die Bevölkerung der Landgemeinden vom 17. bis 19. Jahrhundert. [mehr]

M. ROMMEL: Zwischen Ancien Régime und Industriezeitalter. Elemente der Kontinuität und Diskontinuität in der demographischen Entwicklung von Worms (1750-1875). [mehr]

T. G. SAUNDERS: Demographie, Mentalitätswandel und "natürliche Fruchtbarkeit" im Hunsrück in der frühen Neuzeit. [mehr]

R. LAHR: Die Mittelrheingemeinden Heimbach, Weis und Gladbach zwischen Grundherrschaft und Industrialisierung (1680-1880). Ländliche Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur im Umbruch. [mehr]

E. HELLER-KARNETH: Konfession und Demographie - Plädoyer für eine differenzierte Betrachtung. [mehr]

G. FERTIG: Familienrekonstitutionsmethode und Analyse sozialer Ungleichheit: Ein oberrheinisches Beispiel.

C. PFISTER: Historische Demographie in der Schweiz.

J. P. KINTZ: Historische Demographie in Frankreich.

W. R. LEE: Historische Demographie in England: ein Überblick.

L.-G. TEDEBRAND: Historische Demographie in Schweden.

A. E. IMHOF: Historische Demographie heute.

C. PFISTER: Landesgeschichtliche Forschung mit der historisch-statistischen Datenbank "BERNHIST".

P. MARSCHALCK: Aktuelle Probleme der Migrationsforschung.