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Jahrestagung: AG landesgeschichtliche und landeskundliche Internet-Portale in Deutschland (AG Regionalportale) am 24./25.5.2011

Aus Anlass des 10-jährigen Jubiläums des vom IGL initiierten landesgeschichtlichen Internetportals regionalgeschichte.net fand die alljährliche Tagung der AG Regionalportale in Mainz statt. Schwerpunktthemen waren Geodaten, Marketing und Web-Angebote aus RLP. 

Alzeyer Kolloqium: 'Rheinhessen - Historische-kulturwissenschaftliche Prospektion' am 11./12. November 2011

Im Jahre 2016 feiert Rheinhessen sein 200-jähriges Jubiläum. Das IGL unterstützt die Jubiläumsaktivitäten. In Fortführung der traditionellen Alzeyer Kolloquien sollen regelmäßig wissenschaftliche Tagungen zu rheinhessischen Themen stattfinden. Die erste Tagung, eine Kooperation von IGL, Altertumsverein für Alzey und Umgebung sowie Arbeitsgemeinschaft rheinhessische Heimatforscher, fand am 11./12. November 2011 statt. Der Tagungsband wird in unserer Reihe "Geschichtliche Landeskunde" erscheinen.

Bericht über das Alzeyer Kolloquium 2011 im Alzeyer Wochenblatt (Von Michael Real, Mainz)

Im Jahr 2016 wird Rheinhessen 200 Jahre alt. Im Hinblick auf dieses Jubiläum hatten drei  historisch-landeskundlich orientierte Vereinigungen zu einem  2-tägigen Symposium im Sitzungssal der Verbandsgemeinde Alzey-Land aufgerufen. Etwa 60 bis 70 Teilnehmer waren der Einladung   zum Kolloquium am 11./ 12. Nov. nach Alzey gefolgt und haben es sicher nicht bereut. Dazu trug nicht nur das weit gefächerte Programm mit namhaften Referentinnen und Referenten bei, sondern auch die exzellente Organisation sowie die  angenehm-gastfreundliche Atmosphäre, in der die Tagung stattfand und die dem Museumsehepaar Dres. Karneth und Frau Weiskopf von der Tourist-Information zu danken ist.

Herr Verbandsgemeinebürgermeister Unger und der 2.  Vorsitzende des hiesigen Altertumsvereins, Herrn Steinmann, begrüßten am Freitagmittag  Mitglieder und Gäste der ausrichtenden Vereine, des Altertumsvereins für Alzey und Umgebung e. V. - Verein für Geschichte und Kunst-, des Instituts für geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e. V. und der Arbeitsgemeinschaft Rheinhessischer Heimatforscher e. V.   Ziel ist es übrigens, im Jubiläumsjahr 2016 den Rheinland-Pfalz-Tag in  der "heimlichen Hauptstadt Rheinhessens" Alzey  stattfinden zu lassen.

Die  Suche nach  rheinhessischer Mentalität und Identität vermochte nicht geradlinig  zu verlaufen, sondern trug eher den Charakter einer Annäherung. Schließlich ist Rheinhessen ein vergleichsweise junges Gebilde und im strengen Sinne 'politisch' gar nicht mehr vorhanden. Gleichwohl  steht 

die Forderung einer Art rheinhessischen Bewusstseins im Raum. Das könnte man an mancherlei Faktoren festmachen, ohne dass sich  jedoch gleich eine allseits akzeptierte Definition des Rheinhessischen an sich finden ließe. Weder der Raum  (Dr. Mahlerwein) noch die Sprache bzw. der Dialekt, die klassischen Merkmale, wenn es darum geht, "Identität" oder einfach "Heimat" zu beschreiben, bilden eine einfache Definitionsgrundlage, sobald man die Oberfläche verlässt. Am Beispiel der Dialektgrenzen war das eine der zentralen Aussagen des Sprachwissenschaftlers Dr. Post. Auch volkskundliche Merkmale, wie sie von Fastnachtsbräuchen über Kirchweihfeste/ Kerb bis neuerdings Halloween anzutreffen sind, finden sich natürlich auch außerhalb Rheinhessens so oder so ähnlich (Dr. Schellack). Sichtbare Zeugen der Vergangenheit sind neben Kirchenbauten auch öffentliche Gebäude. Die Baupolitik der Darmstädter Zentralregierung bis zum Ende des Volksstaats Hessen 1945 erläuterte Herr Krienke.

Wenn schon die rheinhessischen Konturen im 'Stammland' eben nur unspezifisch wahrzunehmen sind, könnten sie doch immerhin im Ausland, sprich in den Gegenden rheinhessischer Einwanderung in den  Vereinigten Staaten,  umso deutlicher aufscheinen. Herr Dr. Schmahl, der sich seit langem intensiv mit dieser und ähnlichen Fragen befasst hat, musste konstatieren, dass auch dort die Anpassungsbereitschaft und -fähigkeit rheinhessischer Einwanderer größer war als die Herausbildung einer eigenen Identität in der Fremde.

Eher auf Mainz bezogene Antworten auf die Frage der rheinhessischen Eigenart boten die ansonsten inhaltlich weit auseinanderliegenden Vorträge von Frau Dr. Brüchert über Sozialpolitik unter dem Dach der aufkommenden Industrialisierung im 19. Jh. und   von Frau Niem, die über die identifikationsstiftende Kraft des in den letzten Jahren recht erfolgreichen Fußballvereins  FSV Mainz 05 berichtete. Die Demarkationslinie zwischen den 05er und den Lauterer Fans gehe  noch(?) quer durch Rheinhessen!

Dafür, dass doch nicht nur Ratlosigkeit in Hinblick auf das 'Rheinhessische' und seiner Verortung angesagt sei, sorgten die Beiträge von Volker Gallé und Dr. R. Karneth:  Herr Gallé  näherte sich in der stimmungsvollen Umgebung des Weinguts der Stadt (und im Zusammenhang einer Weinprobe) mit  seinem Vortrag am  Freitagabend dem Thema in romantisch-literarischer Weise, und, wenn man so will, bewusst unakademisch. Dabei gelang es ihm, Komponenten rheinhessischen Soseins auszumachen, die in ihrer Gegensätzlichkeit etwas vom rheinhessischen Charakter mitteilen, z. B. die Fähigkeit, unterschiedliche religiöse Bekenntnisse früher als anderswo zu integrieren. Auch war der Umgang mit der französischen Herrschaft produktiv: Schließlich wollte man die Errungenschaften der napoleonischen Gesetzgebung durchaus beibehalten. Ein anderes Beispiel  rheinhessischer Mentalität wäre das Zusammengehen eines erfolgsinteressierten Materialismus einerseits mit einer oft anzutreffenden selbstverständlichen Hilfsbereitschaft auf der anderen Seite.  Herr Dr. Karneth betonte den "situativen" Charakter rheinhessischen Selbstverständnisses. Ob bei einer  Mundartveranstaltung oder auf einer der zahlreichen Weinfeste: Wer sich hierauf einlässt, fühlt sich bei den Rheinhessen stets willkommen. A propos Wein: Wem dieses Thema gefehlt hat, dem sei gesagt, dass Rheinhessen als Weinkulturlandschaft  eine eigene Vortragsreihe auf einem der folgenden Alzeyer Kolloquien gewidmet werden wird.

Die Beiträge des Kolloquiums sollen in der Reihe "Geschichtliche Landeskunde", die vom oben genannten Institut herausgegeben wird, veröffentlicht werden.