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Prof. Dr. Brunhilde Wehinger (Potsdam/Berlin): „Der Rhein ist eine Quelle der Poesie!“ Die französischen Romantiker entdecken den Rhein.

Prof. Dr. Brunhilde Wehinger (Potsdam/Berlin) stellte die wechselvollen Beziehungen der beiden Nachbarländer im 19. Jahrhundert auf literarischer Ebene dar.

Nachdem zunächst zu Beginn des 19. Jahrhunderts die französische Schriftstellerin Germaine de Staël mit ihrem Werk „De L´Allemagne“ (1814/15) eher Verständnis und Bewunderung für das Nachbarland und dessen Kultur manifestierte, setzte mit der „Rheinkrise“ 1840 eine regelrechte „Tintenschlacht“ um den Rhein ein.

Die Rheinkrise, deren Gründe eigentlich im „Pulverfass Balkan“ zu suchen sind, manifestierte die Isolierung Frankreichs und rief so Erinnerungen an die Schmach von 1815 wach. Dazu kam die denkwürdige Überführung der Gebeine Napoleons von Sankt Helena in den Pariser Invalidendom. Aus einer Sehnsucht an ruhmreichere vergangene Zeiten wurden so von französischer Seite Forderungen nach dem Rhein als Landesgrenze laut. Den Auftakt hierzu lieferte der Romantiker Alphonse de Lamartine in einer Rede vor der französischen Abgeordnetenkammer.

Eine deutsche Antwort erfolgte umgehend. Der bis dahin unbekannte Assessor Nikolaus Becker traf mit seinem „Rheinlied“ genau die bestehende Stimmung der Deutschen. Mit den markanten Zeilen „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“ und über 50 Vertonungen erfuhr das Lied eine rasante Verbreitung und wurde so auch beim Nachbarn als Kampflied verstanden.

Erst spät, im Juni 1841, antwortete Lamartine in seiner „Marseillaise de la Paix“, die einen wesentlich gemäßigteren Verfasser zeigt. Er weist dem Rhein sogar die Funktion des Symbols der Völkerverständigung zu, indem er immer wieder in seinem Appell an den Rhein betont: „Roule libre ...“.

Andere Vertreter traten auch von französischer Seite wesentlich energischer den Zeilen Beckers entgegen. Unter ihnen ist vor allem Alfred de Musset zu nennen, dessen „Réponse à M. Becker“ einen gehässigen Grundton hat und immer wieder auf die historischen Wirklichkeiten verweist: „Nous l´avons eu, votre Rhin allemand ...“. Aber auch er endet ebenso versöhnlich: „Qu´il roule en paix, votre Rhin allemand.“

(Simone Kölble)